Amphi Festival

 

Zum Geburtstag schenkten meine beste Freundin und ich uns gegenseitig Tickets für das Amphi-Festival in Köln. In den Wochen davor ging es hauptsächlich um die Frage, was wir Schönes anziehen könnten. Klamottentechnisch auf den "Putz hauen" - Wo, wenn nicht auf dem Amphi?!

Die Wettervorhersage machte uns nur leider einen Strich durch die Rechnung. Kurzes Kleid, Strumpfhose und Stiefel - das muss reichen.

 

Ich war wahnsinnig vorfreudig, da es mein erstes "Gothic-Festival" war, obwohl ich schon seit sehr, sehr langer Zeit die Musik der Szene höre und vielen Kontakte in die Richtung pflege.

 

Samstagsmorgens ging es dann los. Mit Sonnencreme und viel Wasser im Gepäck fuhren wir mit dem Zug nach Köln und checkten in unser Hotel ein. Kurzes Frischmachen und dann zu Fuß zum Tanzbrunnen. Die Bändchenvergabe funktionierte reibungslos und ohne viel Warten. Dann waren wir drin. Ich habe mich noch nie unter so vielen Menschen so unglaublich wohl gefühlt. Das ist definitiv meine Welt.

 

Gegen 12 Uhr sahen wir uns die Band X-RX an und ergatterten sogar einen Platz in der ersten Reihe. Nachdem ich anfangs wahnsinnig gequietscht habe, weil ich seit ungefähr fünf Jahren Bewunderung endlich Dr. Mark Benecke live sehen durfte, konnte ich mich auch ganz auf die zwei Jungs der düsteren Rave-Band konzentrieren. Das Lied "Kein Herz" war hierbei mein Liebstes, was die Beiden gespielt haben.

Danach hatten wir ein wenig Zeit, uns auf dem Festivalgelände umzusehen. Es gab unzählige Stände mit Schmuck, Klamotten, CDs und Merch. Da die Sonne allerdings so wahnsinnig schien, hielten wir es kaum lange Zeit in den Zelten aus. Also holten wir uns was zu Essen und suchten uns ein schattiges Plätzchen. 12500 Besucher, davon alle in Schwarz gekleidet, jagten nach jedem dunklen Ort und verstecken sich vor der Sonne - schön, wenn man auf so amüsante Weise dem Klischee entspricht. Gruftis eben.

 

Nach unserer kleinen Pause ging es zur Theater Stage. Centhron spielte als nächstes. Der Raum war überfüllt und wir hatten nur eine kleine Sicht auf die Bühne, also beschlossen wir, uns die dröhnende Electro-EBM-Musik von draußen anzuhören.

 

In freudiger Erwartung auf mein lang ersehntes [:SITD:]-Konzert versuchten wir nach Centhron weit vorne Platz zu kriegen. Die Hitze in dem geschlossenen Raum war kaum auszuhalten. Gott sei Dank gab es vor der Theater Stage einen der zwei Wasserspender, an dem man sich kostenlos seine Flaschen auffüllen konnte.

Doch dann fing das Intro an, die Band kam auf die Bühne und die Menschen wurden plötzlich still. Die Stimmung war unglaublich, auf einmal gab es nur noch dich, deinen schlechten Tanzstil und die Musik. Noch nie habe ich es so erlebt, dass man sich so in einem Konzert verlieren kann. Die Hitze war kein Thema mehr. Das war definitiv nicht mein letztes [:SITD:]-Konzert. Eines meiner absoluten Highlights auf dem Amphi-Festival.

 

Danach mussten wir uns draußen erstmal abkühlen. Noch nie habe ich so sehr bei einem Konzert geschwitzt - und ich stand schon oft genug bei Völkerball-Konzerten mit Pyro-Show in der ersten Reihe.

Funkervogt hörten wir aus der Ferne. Als nächstes kam Suicide Commando mit ihrer Vintage-Show als Vertretung für Assemblage 23 auf die Bühne. Schade, ich hatte mich nämlich schon sehr auf die Electro-Industrial-Band gefreut. Von Suicide Commando kenne ich die bekannteste und gängigsten Lieder wie "Dein Herz, meine Gier", "Cause of death: Suicide" oder "Dead Call", aber live hat mir die Band nicht wirklich zugesagt. Ob es an dem Vint.-Set lag oder an der fast unerträglichen Hitze, weiß ich nicht. Aber wenn ich mich zur Musik nicht richtig bewegen kann, dann fällt es mir sehr schwer, einem älteren Herrn mit verzerrter Stimme zuzuhören.

Kurz darauf verließen wir auch das Festival und gingen in unser Hotel.

Den nächsten Tag läuteten wir mit der Band Heldmaschine ein, die ich schon unzählige Mal auf der Bühne gesehen habe - deswegen auch ein Muss, in der ersten Reihe zu stehen. Mein Nacken allerdings hat sich dafür bedankt, denn den ganzen Tag über hatte ich ordentlich verdiente Schmerzen. Schade nur, dass ich dadurch die Band Synthattack verpasst habe, die etwa zeitgleich mit Heldmaschine gespielt hat. Nach dem Konzert holten wir uns wieder etwas zu Mittag und lauschten Neuroticfish.

 

Danach ging es weiter mit meinem nächsten Highlight: Priest.

Ich hatte die Band auf der Spotify-Festival-Playlist entdeckt und verliebte mich sofort.

Doch als die Band auf die Bühne kam und das Intro anfing zu spielen, wurde mir bewusst, dass ich mich vielleicht hätte besser informieren sollen.

Wir standen relativ weit vorne, der Raum war komplett dunkel und Kirchenglocken ertönten. Die harten Elektroklänge wurden immer lauter und plötzlich stiegen zwei Männer mit Schnabeldoktormasken auf die Bühne, die die Ärzte im Mittelalter gegen die Pest getragen haben. Als nächstes kam der Sänger mit einer Nieten-Ledermaske auf die Bühne. Der Name der Band ließ uns schon ahnen, dass er ein Collarhemd tragen würde, aber auf den Rest war ich eben nicht gefasst. Ein etwas gewöhnungsbedürftiges Bühnenoutfit, dass mit der kompletten Stimmung im Saal für Gänsehaut sorgte. Nach und nach gefiel es einem aber immer besser und schlussendlich hat man es nur noch gefeiert. Die Livestimme des Sängers mit den tollen Synthpop- und Elektroaspekten überzeugten voll und ganz.

Auch nach diesem Konzerte habe ich nicht nur wegen der unglaublichen Hitze geschwitzt.

 

Danach hatten wir wieder ein wenig Zeit bis wir Agonoize sehen konnten. Vor der Main Stage war es wahnsinnig voll und wir ergatterten leider nur noch einen Platz in der heißen Sonne. Wir waren alle ein wenig traurig, dass kein Blut vergossen würde - denn was ist Agonoize ohne raue Mengen Kunstblut?! Aber wir wurden ein wenig besänftigt als die Blutfee auf die Bühne tänzelte und uns wenigstens mit ein paar Spritzern Blut beglückte. Agonoize mag ich sehr gerne, nur live hatte ich ein paar Schwierigkeiten, mitzusingen, da die Stimme  schon sehr verzerrt war. Doch spätestens bei den Klassikern "Koprolalie", "Deutsch" und "Dafür", war auch diese Hürde gebrochen.

OOMPH! betrachteten wir zum Ende hin nur aus der Ferne. Denn es hieß "ein letztes Mal" ausruhen für den Hauptact: AND ONE.

Wir versuchten, ganz nach vorne zur Bühne zu gelangen, doch da AND ONE so eine eingeschweißte Fangemeinde hat, war es fast unmöglich. Wir schauten uns den Bühnenaufbau an und ich war schon ganz nervös, weil ich gleich endlich Steve Naghavi sehen würde. Den Mann, der so wahnsinnig schön singen kann als gäbe es für ein paar Momente nur Dich und den tanzenden Steve in seinem Anzug.

Zuletzt habe ich am Tag zuvor bei Dr. Mark Benecke so gequietscht. AND ONE spielte die bekanntesten EBM-Klassiker der Band und brachte die Lieder mit solch einem Charme rüber, dass wohl jeder am Ende eine wenig verliebt in Steve Naghavi und die Jungs war. Es wurde fleißig mitgesungen, ordentlich geschmachtet und getanzt. Ein grandioser Abschluss eines grandiosen Festivals.

 

Ich will wieder zurück. Danke, liebes Amphi!

 

 

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© schinnozt (Neele Müller)