Ötztaler Mopedmarathon 2018

 

Alles fing im Frühling 2017 an. Ein paar unvorsichtige Klicks auf YouTube und plötzlich hat man sich in eine Veranstaltung 630km weit weg verliebt. Über 1700 bunt kostümierten Wahnsinnige satteln ihre Mofas und Mopeds und jagen sich 5500 Höhenmeter hoch und tuckern 238km die schönsten Pässe des Ötztals entlang.

 

 

"Die müssen doch wahnsinnig sein. Mega, will ich auch."

 

Nachdem wir die Anmeldehürde im November erst einmal geschafft haben, war die Vorfreude kaum noch zu stoppen. Ganz fern von der Vorstellung, dass das ein unglaublich anstrengendes Wochenende werden würde.

 

Sommer. Ende Juni. Samt Anhänger und zwei Mopeds ging es auf die Autobahn. Nach acht Stunden Fahrt waren wir in Sölden angekommen. Von unserer Ferienwohnung aus konnten wir schon den Start sehen, die Bühne und die neugierigen Menschen, die sich fragten, was denn

bloß in der Kleinstadt geschehe.

 

Freitags fuhren wir eine kleine Runde mit den Mopeds durch Sölden und meldeten uns an. Wir bekamen ein kleines Care Paket mit Stickern, Halstuch, Sonnenbrille und Anstecknadel. Dazu noch unsere Startnummer für die Mopeds und ein Festivalarmbändchen.

Am Abend dann ergriffen einige die Möglichkeit, die Gletscherauffahrt mitzumachen und nahmen somit schon mal eine kleine Kostprobe. Wir allerdings nutzten die Zeit, um nach Innsbruck auf den Brenner zu fahren.

 

Um 04:30 Uhr in der Nacht klingelte der Wecker - aufstehen, anziehen und Kaffee kochen. Von unserer Unterkunft waren es nur ein paar Hundert Meter bis zum Start, so waren wir um kurz nach fünf am Start und reihten uns in die Schlange der Mopedfahrer ein.

 

Sechs Uhr. Das Startsignal ertönte. Der Benzingeruch dominierte überall, in der ganzen Stadt hörte man knatternde Motoren und die Euphorie wurde bei jedem greifbar.

 

Dank dem Fahrtwind wurde man schnell wach und konnte sich ganz auf das Spiel des Überholens, sich Überholen lassen und Wettrennenfahren konzentrieren. Ich hatte das Gefühl, als hätten wir die Hälfte der Fahrer schon auf den ersten 50km verloren. In jeder Haltebucht standen mindestens zwei Fahrer, die an ihren Mopeds schraubten. Aber nichtsdestotrotz ging es immer weiter und immer höher. Die Temperaturanzeige sprang plötzlich auf -5°C als wir auf dem 2020m hohen Kühtai angekommen waren - Unser erster Checkpoint. Trotz meiner sechslagigen Klamottentechnik fror ich wie sonst was. Die Finger taten weh, wollten sich nicht mehr bewegen und die Beine zitterten. Also hieß es: Bloß schnell runter vom Berg!

 

Nach Vollziehen einer Gefahrenbremsung, weil mir Kühe auf die Straße liefen, ging es gemütlich, aber trotzdem noch mit ordentlich Tempo zum Brenner. Es hat wahnsinnig Spaß gemacht, Den Pass hochzufahren und jeder Kurve schön mitzunehmen.

In Italien haben wir Rast gemacht, warmen Kaffee getrunken und zu Mittag gegessen. Über die Hälfte war nun geschafft, nur bequemer wurde es nicht. Jetzt folgten die anstrengensten Parts der Ausfahrt.

Bevor wir den Jaufenpass fuhren, tankten wir in Sterzing und fuhren dann Kehre für Kehre den 2100m hohen Berg hinauf. Spätestens zu diesem Zeitpunkt entwickelte sich meine Wut auf Radfahrer und alles Sonstige, was einem auf dem Weg zum Berg ausgbremst hat.

Denn die drei goldene Regel lauten:

1. Auf dem Berg gibt es keine Freunde.

2. Wer bremst, stirbt.

3. Oben ankommen ist alles.

So, oder so ähnlich zumindest.

 

Nachdem wir den Südtiroler Berg wieder heruntergefahren sind, machten wir einen kleinen Halt in St. Leonhard. Endlich sitzen, yippie. ;-)

Nur noch ein Pass und dann haben wir es geschafft. Der gefürchtete Timmelsjoch stand uns bevor. Es wird kalt, es wir anstrengend.

Mein persönliches Highlight waren die 2° Kehren. Und wenn man dann noch zwei Fahrradfahrer vor sich hat, einen entgegenkommenden PKW fürchtet und sich zwingt, nicht in den 2000m tiefen Abgrund zu schauen, dann hat das wirklich etwas für sich.

Auf dem Weg zum letzten Checkpoint, sah man immer weniger Mitfahrer. Man suchte schon förmlich nach Verbündeten.

Auf dem Timmelsjoch  wehte ein kräftiger Wind. Es war wahnsinnig kalt und erinnerte mich wieder an den Start sieben Stunden zuvor. Jetzt wollte man nur noch runter, durchatmen und die letzte Stunde auf dem Moped genießen. Ein letztes Mal in voller Lautstärke "Run to the hills" unter´m Helm singen und in Sölden ankommen.

Die letzte Stunde habe ich wirklich genossen. Man wusste, dass man es geschafft hat und ich war ehrlich ein klein wenig stolz auf mich.

Einen Kilometer vor Sölden wurden wir allerdings noch zur Kontrolle von zwei netten österreichischen Polizisten rausgezogen. Meine ersten Alkoholkontrolle - und ja, das Pusteding habe ich natürlich mitgenommen und hat jetzt einen Ehrenplatz neben meinem ersten Schnuller.

Und dann waren wir da, standen im Ziel nach neun Stunden Zweirad fahren. Erleichtert, ein wenig wehmütig und glücklich.

 

Allein für dieses Gefühl des "Es-geschafft-zu-haben" würde ich jederzeit nochmal dieses Abenteuer erleben wollen.

 

Und nun ein kräftiges: "Ömmmmmmm, ömmmmm, ömmmm".

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© schinnozt (Neele Müller)