Was das Schinnozt plötzlich mit dem SWR zu tun hat

Anfang des Jahres sah ich, dass ich eine Nachricht in meinem Instagram-Postfach hatte. Rieke von SWR Heimat ist wegen meines Schinnozt-Tattoos auf mich aufmerksam geworden und fragte mich, ob ich Mundart sprechen würde. Total verwundert und mit einem großen Fragezeichen im Gesicht schrieb ich ihr zurück. Als echtes Wäller Mädsche beherrsche ich natürlich auch unser Platt, aber wieso will das denn jemand wissen?

 

Schnell schrieb sie mir zurück und erzählte mir von einer Mundart-Rubrik im Rahmen von SWR Heimat. Sie fragte mich, ob ich nicht Lust hätte, ein paar Clips zu drehen, in denen ich auf Platt rede und das Erzählte im nächsten Video auf Hochdeutsch erkläre. Ohne so recht zu wissen, was auf mich zukommen mag, sagte ich zu. Nach einem Telefonat, in dem wir alle Einzelheiten klärten, war der Termin für den Videodreh auch schnell gefunden.

 

Jetzt ging es an die Wortfindung. Den Ausdruck „Schinnozt“ wollte ich auf jeden Fall erklären, aber für ein zweites Video brauchte ich auch noch ein zweites Wort – also kramte ich in meinem Kopf nach typisch Wäller Wirder (= Wörtern).

Mir sind viele Ausdrücke eingefallen: Schlappeflicker, Üverstänner, Bangard, Schmilmes und auch Braddlpitter. Benutzen kann ich all diese Wörter, aber am anschaulichsten erklären konnte ich den Ausdruck „Braddlpitter“.

 

Die erste Hürde war geschafft. Ich schrieb mir bloß ein paar notdürftige Textzeilen und Stichworte auf, weil ich wusste, dass ich vor der Kamera eh nur improvisieren werde. Jeder steif auswendiggelernte Text würde mir nämlich bei meiner Aufregung zum Verhängnis werden.

 

Mitte Januar war es dann so weit. Ich war wahnsinnig nervös und gespannt, wie der Dreh jetzt ablaufen würde. Es klingelte und ich öffnete zwei sympathischen jungen Frauen die Türe. Wir fanden schnell das „Du“ und die Nervosität schwand von Minute zu Minute. Die Kamera wurde aufgebaut und ich habe ein Mikro ans Shirt bekommen. Dann machten wir einige Aufnahmen und hatten die Clips ziemlich schnell im Kasten. Hat gar nicht so sehr weh getan.

 

Danach haben wir noch ein Mini-Interview geführt und nochmal unsere Kontakte ausgetauscht. Der SWR wäre wohl sehr begeistert davon, so eine junge Frau aus dem Westerwald gefunden zu haben, die Platt reden kann und gerne ein bisschen über ihre Heimat erzählt.

 

Es hieß, dass die Clips im März online gehen würden, also war die Videodreh-Sache erst einmal für mich abgehakt.

 

Letzte Woche rief mich eine mir unbekannte Nummer an. Verwundert ging ich ran und hatte die Filmemacherin von SWR hierzuland am Telefon.

Sie habe meine Video-Clips gerade gesehen und hatte die Idee, im Rahmen von hierzuland einen Fernsehbeitrag mit mir zu drehen. Total verblüfft hörte ich weiter zu. Wir telefonierten eine knappe Stunde miteinander und ich beantwortete ihr Hunderte von Fragen zur Ideenfindung fürs Video.

 

„In zehn Tagen geht es los“, sagte sie freudig.

„In zehn Tagen geht es los“, sagte ich mit einem panischen Unterton in meinem Kopf.

 

Aber ich freue mich schon auf diesen Clip über Mundart. Ich finde es wahnsinnig wichtig, dass dieses kleine Stück Sprachkultur erhalten bleibt. Kaum einer unter 40 spricht noch Platt und Jugendliche schon mal gar nicht. Die Eltern können es ja meistens auch selbst gar nicht mehr – wie dann ihre Kinder?

Ich spreche gutes Hochdeutsch, aber kann meine Herkunft nicht verleugnen. Das ein oder andere Mal rutscht einem ein kleines „wat“ oder „dau“ heraus oder die Betonung von einzelnen Wörtern weicht plötzlich von der empfohlenen Duden-Aussprache ab. Ich schmunzle dann immer und freu mich, dass ich mich selbst immer wieder daran erinnere, wo ich eigentlich herkomme. Ich lebe gerne im Westerwald und bin stolz, ein echtes Wäller Schinnozt zu sein. Das kleine Fleckchen Grün östlich vom Rhein in Rheinland-Pfalz ist meine Heimat und wird es auch immer bleiben. Natürlich werde auch ich sicher einmal ausziehen, raus aus dem Westerwald, aber irgendwann werde ich wieder zurückkehren. Das ist sicher.

 

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Kommentare

  • Stefan Salzmann (Sonntag, 10. Februar 2019 16:33)

    Klasse, Neele! Bin schon gespannt, die Clips zu sehen :-)

  • Marco Müller (Sonntag, 10. Februar 2019 19:57)

    Ich bin sehr gerührt und stolz auf Dich, meine Tochter!
    Freue mich sehr auf das neue Projekt!
    Wäller sin su -;)

  • Rieke (Mittwoch, 20. Februar 2019 11:20)

    Liebe Neele, Michèle hat gerade entdeckt, dass unsere Begegnung schon in deinen Blog eingeflossen ist. Toll! Ich freue mich, dass du unseren Besuch so positiv in Erinnerung hast - trotz Kamera und Nervosität :-) Und morgen kannst du endlich das erste Ergebnis davon sehen! Bis bald & liebe Grüße von Michèle und mir!

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© schinnozt (Neele Müller)